Die menschenleere Bibliothek

Bibliothek

Ich verdiene mein Geld in einer Bibliothek. Lieben Sie Ihren, liebt Ihr Euren Arbeitsplatz? Nun, in gewisser Weise… ich schon.

Es ist eine große Bibliothek, mit etwa 1000 Sitzplätzen, sagt mein Chef. Und sie ist bis spät abends offen, bis 22.00 Uhr.

Doch ich habe nur wenig mit der Literatur dort zu tun, mehr mit den Menschen, die sie nutzen, denn die müssen alle an mir vorbei, wenn sie hinein- oder hinausgehen. Es bleibt nicht aus, dass seltsame Dinge geschehen, eigenartige Dialoge geführt werden: “Entschuldigung – Orangensaft ist in dieser Bibliothek verboten!” – “Aber der ist ökologisch angebaut!”. Oder jemand geht hinaus, die Buch-Sicherungsanlage schlägt an, aber der Mensch rennt weiter: “Entschuldigung – was ist da drin?” – “Das hab ich doch heut morgen schon Ihrer Kollegin gezeigt!”

Ich bin im Spätdienst. Wenn abends die letzten gegangen sind, mache ich den abschließenden Rundgang durch die gesamte Bibliothek.

Dann, und nur dann, erlebe auch ich die Bibliothek. Von der bekomme ich im Eingangsbereich nämlich gar nicht viel mit. Doch ich erlebe sie nicht so wie unsere Nutzer oder meine Kolleginnen während der Öffnungszeit. Ich erlebe dieses große, licht und offen strukturierte Gebäude mit einer Grundfläche von gut 100 x 40 Metern auf drei Ebenen ganz ohne andere Menschen. Und dann herrscht in diesem ja für den gleichzeitigen Aufenthalt vieler Benutzer konzipierten Raum eine eigenartige Atmosphäre, auch wenn ich sie nach neun Jahren nicht mehr so intensiv wahrnehme wie in der ersten Zeit.

Vor ein paar Monaten wollte ich den Versuch machen, sie einzufangen. Also fragte ich meinen Chef, ob ich nach der Arbeit in der Bibliothek fotografieren dürfe und er hat es erlaubt. Vielen Dank.

Falls auf den Bildern etwas von der eigentümlichen Stimmung zu erkennen ist, die in ‘meiner’ Bibliothek herrscht, wenn alle fort sind, dann freut mich das. Und sollte sich zufällig eine Kollegin oder ein Nutzer der Bibliothek auf diese Seiten hier verirren: Hallo und willkommen. Erkennt Ihr Eure, erkennen Sie Ihre Arbeitsstätte?

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